Photo by Schmidts Pits |
Das Prinzip
KAP ist das Akronym fuer Kite Aerial Photographie, zu deutsch: Fesseldrachenlufbildfotografie. Ein Drachen traegt eine Kamera in die Hoehe und diese macht dann Luftbildaufnahmen. Die Kamera wird dazu in einem besonderen Gestell befestigt, dem Rigg (eng: the rig). Dieses Rigg wird wiederum mit einer Aufhaengung in die Drachenschnur eingehaengt. Laesst man mehr Drachenschnur aus, steigt auch die Kamera. In Deutschland ist der Weg, auf diese Art und Weise zu Luftbildern zu gelangen, genehmigungsfrei. In Deutschland liegt die allgemeine erlaubte Drachenschnurlaenge bei 100 m. Ausnahmeregelungen sind aber moeglich.
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Eine kleine Reise durch die Zeit
Die Geschichte der Fesseldrachenluftbildfotografie beginnt 1888. Arthur Batut nimmt 1888 in Frankreich das erste Fesseldrachenluftbild der Welt auf. In jener Zeit ist Batut noch auf Zeitausloeser fuer die Kamera in Form einer Glimmschnur angewiesen. Er muss die Kamera am Boden empirisch ausrichten, bevor er sie mit dem Drachen liften kann. Der Traegerrachen selbst ist mit Holzleisten und einer Papierbespannung hergestellt. Zu Ehren Artur Batuts hat man in Labruguiere in Südfrankreich ein Museum eingerichtet.
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Im Laufe der Zeit wird die Fesseldrachenfotografie durch technische Neuerungen immer populaerer und verliert ihr Image als exklusiver, snobistischer Zeitvertreib. Eine neue Generation von Riggs entsteht mit der Nutzung von Fernsteuerungen aus dem Modellbaubereich. Nun endlich laesst sich das Rigg auch vom Boden aus kontrollieren.
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Parallel dazu verlieren die Kameras ihre Schnellspannhebel und werden mit eingebautem Filmtransport ausgestattet. Auch die Traegerdrachen werden nun aus modernen Baumaterialen genaeht. Spinnakernylon, Glas- und Kohlefaserstaebe verbaut man zu immer neuen Drachentypen. Riggs mit Sucherkameras erobern den Himmel.
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Die neuen Sucherkameras besitzen elektronische Ausloser. Einige besitzen von Hause aus eine Kontaktbuchse, andere werden mit dieser modifiziert. Von nun an kann man elegant ueber Kabel und einem RC-Switch ausloesen.
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Da man ja nun nicht immer die Kamera nach jeder Aufnahme zum Filmtransport niederhohlen muss, entstehen HoVer-Riggs. Dies sind Anlagen, bei denen man ferngesteuert das Bildformat von Horizontal auf Vertical wechseln kann.
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Funkuebertragungssysteme im 2,4 GHz-Bereich kommen zu erschwinglichen Preisen auf den Markt. Bestehnde Anlagen werden umgebaut. Kleine Ueberwachungskameras (“Spy-Cams”) installiert man parallel zur Kleinbildkamera. Der Fotograf kann am Boden nun gezielt den Bildausschnitt festlegen.
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Digitalkameras erscheinen auf dem Markt, zuerst noch groß, schwer und extrem teuer. Doch nach und nach ziehen sie auch in den KAP-Bereich ein. Immer kleiner und mit immer mehr Pixel verdraengen sie die Sucherkameras. Am Videoausgang der Digitalkamera laesst sich der Videosender direkt anschließen, man hat also am Boden das echte Bild der Kamera.
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Fuer qualitativ hochwertige Aufnahmen setzt man allerdings noch immer Spiegelrefelxkameras ein. Oder man setzt auf die Edelkamera aus dem Hause Contax: Die G1 (oder auch G2).
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Im Vergleich zu einer externen Spy-Kamera liefert eine Digitalkamera ein wesentlich besseres Bild an die Bodenkontrollstation. Der Pilot sieht auch das “echte” Kamerabild am Boden und erhaelt zusaetzliche Informationen ueber das Display (Bildzaehlwerk, Ausloesekontrolle). Nun macht es Sinn, auch die Brennweite fernzusteuern. Die Zoomfunktion ist nun auch im Bereich der Fesseldrachenluftbildfotografie gezielt einsetzbar. Auch ein steuerbarer Poolfilter ist keine Utopie mehr, die Wirkung laesst sich ja auch am Boden betrachten.
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Nicht nur Forscher fotografieren an extremen Orten. Einen guten Schutz vor aeusseren Einwirkungen wie z.B. Flugsand und Aerosole bieten wasserdichte Unterwassergehäuse.
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Fuer Wissenschaftler ist es besonders wichtig zu wissen, wo sich ihre Kamera am Himmel befindet. Ihre Riggs werden daher sogar mit Telemetrieeinheiten ergaenzt. GPS, Hoehen- und Windmesser werden eingebaut.
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Und noch ein “Werkzeug” beeinflusst die Fesseldrachenluftbildfotografie. Die Rede ist vom Computer. Zuerst nutzt man ihn nur als Mittel, seine digitalen Luftbilder schnell zu betrachten und sichern zu koennen. Dann jedoch adaptiert man spezielle Bildprogramme an den KAP-Bereich. Man “sticht” Luftbildpanoramen zusammen und komponiert spaerisch animierte “Bubble-Pics”. Mit diesen Pano-Pics ist meine kleine Zeitreise in der Gegenwart angekommen.
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Es ist schwierig, nun noch einen kleinen Blick in die Zukunft zu werfen. Aber mir faellt auf, dass ein KAP-Bereich bisher noch ziemlich unbearbeitet ist. Dabei meine ich die automatische Nivellierung. Aus dem Autobereich ist es ja seit dem Elchtest der A-Klasse wohlbekannt, dass Elektronik aktiv stabilisierend in das Fahrwerk eingreifen kann. Sensoren fuer den KAP-Bereich gibt es auch schon genuegend zu kaufen, Kreisel, Piezo-Kreisel, optischer Horizont etc. Mal schauen, ob sie irgendwann wie selbstverstaendlich ein Rigg aktiv in perfekter Horizontallage halten. Andererseits: Unser bisherigen (passiven) Aufhaengungen sind so perfekt optimiert und mit jedem Bildbearbeitungsprogramm laesst sich ein schiefer Horizont gerade rücken, wozu dann noch so ein neuer technischer Aufwand? Sicher nur, wenn man wirklich darauf angewiesen ist und das waere z.B. bei einem Luftbildfilm der Fall. Schaun mer mal wuerde der Franz jetzt sagen.
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